Was Sie schon immer über
Mikrochips wissen wollten
Diese interaktive Multimediaschau gibt Antwort auf nebenstehende Fragen. In einem Rundgang von 24 Szenen werden Sie auf allgemein verständliche Weise in die Geheimnisse der Mikroelektronik eingeführt. Zuerst beschäftigen wir uns mit dem Aufbau der Mikrochips und gehen dann über in die Richtung ihrer Fabrikation in der Industrie.
- Autoren: H. Kaeslin, F. Gürkaynak, A. Gupta
- Mikroelektronik Designzentrum
- ETH Zürich
1.1 Aufgaben von Mikrochips
Mikrochips sind die Grundbausteine aus welchen alle modernen elektronischen Geräte aufgebaut sind. Sie nehmen sämtliche Funktionen der Informationsverarbeitung und der kurzzeitigen Datenspeicherung wahr. Sie bilden die Nervenzentren von Mobiltelephonen, CD-Spielern, Fernsehapparaten, Taschenrechnern, Computern, Hörhilfen, Herzschrittmachern, Uhren, Antiblockiersystemen, Steuergeräten für Verbrennungsmotoren, Navigationssystemen, Fabrikationsrobotern, Steuerungen für die Raumklimatisierung, Kassenstationen, Bankomaten, etc.
Lediglich für Funktionen der Energieversorgung, der langfristigen Datenarchivierung, sowie der Datenein- und -ausgabe, sind Mikrochips auf die Unterstützung durch andere Bauteile angewiesen.
Hierarchy Slider (4 Panels)
On the right - a sample Hierarchy Slider with 4 panels and 3 transition-images.
Hierarchy Slider (5 Panels)
On the right - a sample Hierarchy Slider with 5 panels and 4 transition-images.
Hierarchy Slider (6 Panels)
On the right - a sample Hierarchy Slider with 6 panels and 5 transition-images.
1.2 Äussere Form
Ein Mikrochip präsentiert sich als kleines viereckiges Plättchen aus hochreinem Siliziummaterial von dunkelgrauem Glanz. Die grössten Mikrochips erreichen die Abmessungen einer Briefmarke, die kleinsten diejenigen eines Stecknadelkopfes. Der Chip ist hermetisch in ein Keramik- oder Kunststoffgehäuse verpackt und daher normalerweise nicht sichtbar. Für das Photo ist das Gehäuse geöffnet worden.
Die Verbindungen zwischen dem Chip und den Anschlussstiften des Gehäuses werden durch feine Golddrähte sichergestellt. Die Anzahl Anschlüsse liegt je nach Anwendung zwischen 8 und etwa 400.
1.3 Innerer Aufbau
In das Siliziumplättchen sind Transistoren die Schaltelemente der digitalen Elektronik, eingearbeitet.
Der nebenstehende kleine Ausschnitt aus einem Chipphoto enthült etwa 44 Stück davon.
Untereinander verbunden werden die Transistoren mittels schmaler Leiterbahnen aus Metall oder Polysilizium. Verbindungskontakte dienen dem Übergang von einer leitenden Schicht auf eine andere.
1.4 Dimensionen
Die feinsten derzeit herstellbaren Leiterbahnen sind einen viertel Mikrometer breit. Ein Mikrometer entspricht 1/1000 Millimeter. Im Vergleich dazu beträgt der Durchmesser eines menschlichen Haares etwa 60 Mikrometer. Die elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt ein einzelnes Haar auf einem Chip mit seinen Leiterbahnen.
Je feinere Strukturen fabriziert werden können, umso höher liegen die Transistordichte und das erzielbare Leistungsvermögen. Je nach Grösse des Mikrochips reicht die Anzahl Transistoren heute von vielen Tausend bis einigen Millionen. Die aktuellsten Speicherchips (RAMs) und die leistungsfähigsten
Mikroprozessoren bilden jeweils die Spitze der Entwicklung.
1.5 Arbeitsweise des Transistors
Ein einzelner Transistor gleicht insofern einem Schalter, als dass er einen Stromkreis unterbrechen oder schliessen kann. Im Unterschied zu einem Schalter wird er aber nicht von Hand sondern wiederum von einem elektrischen Signal betätigt. Ein elektrisches Signal kann so ein anderes steuern.
Dieselbe Funktion realisiert auch das althergebrachte Relais. Im Gegensatz zum Relais weisen Transistoren keinerlei mechanisch bewegte Teile auf. Ihre Überlegenheit beruht auf ihren winzigen Abmessungen und ihrer enormen Arbeitsgeschwindigkeit (wenige Mikrometer bzw. mehrere hundert Millionen Schaltvorgänge pro Sekunde).
1.6 Negation eines einzelnen Signals
Mit zwei Transistoren wird es möglich eine Schaltung aufzubauen welche ein Signal negiert, d.h. auf - stets mit + antwortet und umgekehrt. Aufgrund dieses Verhaltens wird eine solche Schaltung Inverter genannt. Sie stellt die einfachste Grundschaltung der Digitaltechnik dar und wird uns später wieder begegnen.
Man beachte, dass zweierlei Transistortypen Verwendung finden welche gegensätzlich wirken. In der Medizin würden zwei derartige Schaltelemente als Protagonisten und Antagonisten bezeichnet, in der Elektronik nennt man sie ein Komplementärpaar.
1.7 Verknüpfung mehrerer Signale
Durch geeigneten Zusammenbau von mehreren Transistoren lassen sich Stromkreise auch in Abhängigkeit von zwei und mehr elektrischen Signalen schalten. Je nachdem wie die Transistoren untereinander verbunden werden resultiert eine andere logische Abhängigkeit des geschalteten Signals von den schaltenden Signalen. Aus der Serieschaltung ergibt sich eine UND-Verknüpfung, aus der Parallelschaltung eine ODER-Verknüpfung.
Ausgehend von Negationen, UND-Verknüpfungen sowie ODER-Verknüpfungen lassen sich beliebige weitere Verknüpfungen realisieren. Dies gilt insbesondere auch für mathematische Operationen wie Addition, Subtraktion, Multiplikation, etc.
1.8 Speicherung von Signalwerten
Mittels einer Rückkopplung ist es möglich einen Signalwert auch dann noch zu halten, wenn das auslösende Signal bereits abgeklungen ist. Eine Schaltung, die einen zurückliegenden Wert memorieren kann, wird als Speicherzelle bezeichnet.
Eine Sequenz von vier Bildern zeigt die Analogie zu einem Relais mit Selbsthaltung. Ob der Stromkreis geschlossen ist oder nicht, hängt von der jeweils zuletzt betätigten Taste ab. Das aus vier Transistoren bestehende Selbsthaltenetzwerk verhält sich ebenso, wobei aber Ein- und Ausgabe über einen gemeinsamen Anschluss erfolgen.
1.9 Zusammenspiel
Mit den Möglichkeiten Signale zu speichern und auf jede erdenkliche Art miteinander zu verknüpfen, liegen nun die Bausteine vor, aus denen alle Systeme zur digitalen Informationsverarbeitung aufgebaut sind.
Richtig zusammengesetzt bilden diese Bausteine Rechenwerke, Datenspeicher und Steuerwerke. Mithilfe derartiger Funktionsblöcke lässt sich jede Aufgabe bewältigen, sofern sie als Abfolge von mathematischen Operationen formuliert werden kann.
Eine zweite Voraussetzung ist die, dass die zu verarbeitenden Informationen geeignet codiert d.h. letztlich als Muster von Bits, z.B. von + und - , dargestellt werden. Dies ist für alle Formen konkreter Information der Fall, also insbesondere für Texte, Sprach- und Musiksignale, Bilder, Buchhaltungszahlen, technisch-wissenschaftliche Zahlen, etc.
2.1 Spezifikationsphase
Zu Beginn wird ein Pflichtenheft ausgearbeitet, welches die vom Mikrochip zu bewältigenden Aufgaben der Informationsverarbeitung genau beschreibt. Die zu erfüllenden Leistungsanforderungen, die Schnittstellen zum umgebenden System, die zu erwartenden Betriebsbedingungen, mögliche Gehäuseformen und -grössen, sowie Zeit- und Kostenvorgaben sind ebenfalls Bestandteil der Spezifikationen.
Das Erstellen eines vollständigen, fehlerfreien und unmissverständlichen Pflichtenhefts gehört heute zu den schwierigsten Aufgaben beim Entwurf mikroelektronischer Schaltungen. Dies rührt daher, dass dank der modernen Halbleitertechnologie recht komplexe Systeme auf einem einzigen Mikrochip Platz finden.
2.2 Architekturentwurf
Für die vom Mikrochip zu bewältigenden Informationsverarbeitungsaufgaben suchen die Entwickler nach geeigneten Organisationsstrukturen. Der Schaltungsaufbau wird zunächst nur in groben Zügen geplant. Die Ingenieure kümmern sich noch nicht um einzelne Transistoren, sondern um ganze Baublöcke wie Rechenwerke, Datenspeicher und Steuerwerke. Mehrere Lösungsalternativen werden bezüglich technischer und wirtschaftlicher Kriterien miteinander verglichen. Aufgrund der zusammengetragenen Daten erfolgt schliesslich der Entscheid zugunsten einer Variante.
Die Bezeichnung Architekturentwurf rührt von der offenkundigen Analogie mit dem Bauwesen her.
2.3 Schaltungsentwurf
Als Nächstes werden die zuvor festgelegten Baublöcke sukzessive in immer einfachere Teilfunktionen unterteilt. Das Ergebnis wird in Form von Schaltplänen dargestellt.
Nun enthalten viele Schaltpläne Teile, die ihrerseits als Schaltplan dokumentiert sind. Dadurch entsteht eine pyramidenartige hierarchische Beschreibung, welche schliesslich bis hinunter zu den Transistoren reicht. Die nebenstehende Bildsequenz illustriert dies mit einem stufenweisen Abstieg zu immer detaillierteren Plänen.
Wiederum übertragen auf das Bauwesen würde dies z.B. einer Abfolge vom Gebäudegrundriss über den Küchengrundriss und die Zeichnung des Spültrogs bis hin zur Konstruktionszeichnung des Wasserhahns entsprechen.
2.4 Schaltungssynthese
In den letzten Jahren sind vermehrt Computerprogramme entwickelt worden, welche den Entwickler von der Aufgabe befreien Schaltpläne im Detail ausarbeiten zu müssen. Anstelle eines elektrischen Netzwerks muss der Ingenieur nur noch das gewünschte Verhalten eines Schaltungsblockes festlegen. Dafür bedient er sich sogenannter
Hardware Description Languages. Die Umsetzung in eine Schaltung geschieht dann weitgehend automatisch.
Die treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung sind in den immer komplexer werdenden Schaltungen sowie im ökonomischen Zwang zu steter Produktivitätssteigerung zu suchen.
2.5 Zusammentragen relevanter Betriebssituationen
Die Gesamtheit aller Schaltpläne liegt nun vor. Ausgehend von den Spezifikationen wird eine Vielzahl von relevanten Betriebssituationen zusammengetragen. Für jede davon werden die zugehörigen Eingangsdaten sowie die als richtig erachteten Ausgangsdaten katalogisiert. Diese Daten bilden die Grundlage für die anschliessende Schaltungssimulation.
2.6 Schaltungssimulation
Um den Entwurf auf seine Korrektheit zu prüfen, wird von den Schaltplänen ein Verhaltensmodell abgeleitet und dieses mit den zuvor zusammengetragenen Eingangsdaten angeregt. Die Antworten der Schaltung werden mit den vorgebenen Sollwerten verglichen. Allfällige Diskrepanzen zeigen das Vorhandensein von Fehlern an, welche von den Ingenieuren aufgespürt und behoben werden müssen.
Dieser Schaltungssimulation genannte Vorgang kann je nach Schaltungsgrösse Stunden, Tage, oder gar Wochen dauern. Ein erschöpfendes Überprüfen der Gesamtheit aller möglichen Betriebszustände ist ausgeschlossen, da die Simulation sonst Jahrhunderte dauern würde. Aus diesem Grunde sind bisweilen selbst kommerzielle Mikrochips nicht vor Fehlern gefeit.
2.7 Layoutentwurf
Sind alle Schaltpläne auf Ihre Korrektheit hin überprüft worden, kann der Layoutentwurf beginnen. Anstelle von Schaltplänen benötigt die Fabrikation nämlich Unterlagen, welche darüber Auskunft geben, an welcher Stelle das Silizium wie zu bearbeiten ist. In den Layoutzeichnungen stehen verschiedene Farben für die unterschiedlichen Schichten und Materialien aus denen Transistoren, Leiterbahnen, und Kontakte zusammengesetzt sind.
Der Layoutentwurf kann ganz unten auf der Ebene von Transistoren ansetzen. Häufiger wird auf zum Voraus entwickelte Zellen aus einer käuflichen Sammlung zurückgegriffen, die alle früher erwähnten Signalverknüpfungen und Speicherfunktionen enthalten.
2.8 Layout des Inverters
Die abgebildete Layoutzeichnung beschreibt die Konstruktion des bereits früher vorgestellten Inverters. Sie enthält alle zur Steuerung der Fertigungsapparaturen notwendigen Angaben für ein Paar komplementärer Transistoren samt der notwendigen Verbindungsleitungen.
2.9 Zusammensetzen des Gesamtlayouts
Den Schaltplänen entsprechend setzen Computerprogramme den Layout der einzelnen Zellen sukzessive zu immer grösseren Blöcken zusammen und verbinden sie untereinander. Nach der Abarbeitung der gesamten Schaltplanpyramide liegt eine Gesamtzeichnung des Mikrochips vor. Die nebenstehende Bildsequenz illustriert den Vorgang mithilfe eines stufenweisen Aufstiegs vom Layoutdetail bis zur Gesamtansicht des Mikrochips.
Die an den Rändern des Chips eingezeichneten rechteckigen Kontaktflächen dienen übrigens der Aufnahme der Verbindungsdrähte zum Gehäuse.
2.10 Layoutverifikation
Mit der Herstellung von Mikrochips sind hohe Initialkosten und lange Wartezeiten verbunden (zehn- bis hunderttausend Franken bzw. einige Monate). Der fertig erstellte Layout wird daher einer gründlichen Kontrolle unterzogen. Geprüft werden Masshaltigkeit, Konformität mit den Schaltplänen und elektrische Eigenschaften. Das nebenstehende Bild illustriert die Kontrolle der minimal zulässigen Abmessungen und Abstände durch ein Softwarewerkzeug.
2.11 Verbindungen zum Gehäuse
Abschliessend wird die Führung der feinen Verbindungsdrähte zwischen Chip und Gehäuse festgelegt.
Bis hierher ist der ganze Entwurf mit Papier, Bleistift, und vor allem mithilfe des Computers erfolgt. Versuchsschaltungen sind keine aufgebaut worden. Mit der nun folgenden Fabrikation von Funktionsmustern beginnt ein neuer Abschnitt.
2.12 Fabrikation
Die Layoutzeichnungen werden auf elektronischem Weg in die Fabrik übermittelt. Sie dienen dort der Steuerung von Photobelichtern. Mittels Photomasken und lichtempfindlichen Lacken werden die gezeichneten Layoutstrukturen auf das Silizium übertragen. Die eigentliche Bearbeitung erfolgt in vielen aufeinanderfolgenden Belichtungs-, Ätz-, Implantations- und Metallisierungsschritten.
Verunreinigungen, Staubpartikel, Tröpfchen etc. gefährden die Herstellung der mikroskopischen Strukturen auf dem Chip. Dies ist der Grund weshalb in Reinräumen sowie mit speziellen Anzügen und Gesichtsmasken gearbeitet werden muss.
2.13 Prüfung von Funktionsmustern
Erste Funktionsmuster werden auf einer Testapparatur eingespannt und wiederum mit Testdaten auf korrektes Funktionieren geprüft. Im Gegensatz zur Simulation reagiert jetzt der echte Mikrochip und nicht mehr sein Simulationsmodell. Sauberen Entwurf vorausgesetzt, dürfen sich keinerlei Diskrepanzen zwischen Simulation und Wirklichkeit ergeben.
2.14 Freigabe zur Serienproduktion
Die für sich allein geprüften Funktionsmuster werden nun als Bestandteil eines grösseren Systems eingesetzt und nochmals auf Herz und Nieren untersucht. Dies ist für alle Beteiligten die Stunde der Wahrheit, in der sich zeigt ob Spezifikation, Entwurf, Simulation, Verifikation und Testen erfolgreich waren.
Erst wenn auch diese Versuche zur Zufriedenheit ablaufen, erfolgt die Freigabe zur Serienproduktion. Ein allfälliges Versagen des Mikrochips wirft die Arbeit um Monate zurück und verursacht hohe Kosten.
2.15 Schlussfolgerung
Ausdauer, Ideen, und leistungsfähige Computerwerkzeuge. Entwickler von Mikrochips dürfen sich aufgrund der hohen Folgekosten keine Fehler leisten. Das Ziel muss darin bestehen, mit dem ersten Entwurf eine voll funktionstüchtige Schaltung abzuliefern. Angesichts des stets zunehmenden Schaltungsumfangs ist dies eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe, die nach hervorragend ausgebildeten Ingenieuren verlangt.
Quintessenz: Ohne Mikrochips keine modernen Geräte, ohne Kompetenz in deren Entwicklung und Einsatz keine konkurrenzfähige Elektronikindustrie.
// Calling Slideshow Script